Der Fall Armin Meiwes

Der sogenannte

"Kannibale von Rotenburg"

Armin Meiwes wurde am 01.12.1961 geboren, im März 2001 schlachtete und aß er einen Mann. Bereits in der frühen Kindheit entwickelten sich kannibalistische Phantasien, die vorwiegend – aber nicht ausschließlich - durch den Verlust des Vaters geprägt waren. In der Prä-Adoleszenz nahm er an Tierschlachtungen teil, hiermit wurde die sich entwickelnde Sexualität verknüpft. Weitere belastende Ereignisse kamen hinzu, die nicht altersentsprechend kompensiert oder modelliert werden konnten. Ein Bericht von Petra Klages

Bereits während der Grundschulzeit entstand der Wunsch, einen Schulkameraden zu verspeisen, ihn gänzlich und für immer in sich aufzunehmen. Durch die Einverleibung wollte er verhindern, erneut – wie vom Vater – verlassen zu werden. In bestimmten Lebensphasen existierten keine kannibalistischen Phantasien, beispielsweise während der Zeit, als er bei der Bundeswehr Dienst tat.

Kannibalismus und Tötung

Nachdem die Mutter von Meiwes verstarb, seine Beziehung zerbrach und seine Katze starb, kamen die Phantasien wieder – stärker als je zuvor und nach realer Umsetzung drängend. Er war jetzt völlig alleine. Die Phantasien des Kannibalen waren jedoch gewaltfrei. D.h. er wollte niemanden töten, quälen oder in irgendeiner Weise foltern. Er wünschte sich, dass derjenige, der von ihm verspeist wird, Suizid begeht und ausdrücklich den Wunsch hegt, gegessen zu werden. Tötungshandlungen oder Menschen zu quälen, lehnt er bis heute ab. Gewalttätige oder aggressive Phantasien spielten keinerlei Rolle bei seiner Tat – ganz im Gegenteil. Im Jahre 2000 begann seine Suche nach einem möglichst jüngeren Mann, der gegessen werden wollte, im Internet. Er knüpfte hunderte von Kontakten mit kannibalistisch orientierten, vorwiegend heterosexuellen Männern. Ungefähr 100 Männer wollten sich mit ihm verabreden.

Die psychische Störung

Die Tat im Jahre 2001 erschütterte die Welt. Ein Mann hatte einen anderen geschlachtet und ihn anschließend teilweise gegessen. Es wurde vermutet, dass Meiwes unter einer schweren Störung leiden musste, um derartige Handlungen – einen Menschen zu schlachten und zu verzehren – zu begehen. Bei Armin Meiwes wurde jedoch keine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, allerdings eine Bindungsstörung und eine Störung der sexuellen Präferenzen. Die Ursachen für Störungen der Sexualpräferenz finden sich in unterschiedlichen Bereichen. Biologische Wurzeln, wie beispielsweise die Hormonregulation und die Konstitution der Neuropeptide, aber auch die frühe Sozialisation, die durch Bindungen und Verletzungen der menschlichen Seele beeinflusst werden, sind bedeutsam.

Mord, Totschlag, Tötung auf Verlangen

Armin Meiwes wurde zweimal verurteilt. Das erste Urteil interpretierte die Tat als „Totschlag“ und ging davon aus, dass Herr Meiwes nicht zur Befriedigung seiner sexuellen Lust tötete. Im Revisionsverfahren wurde Armin Meiwes wegen „Mordes“ und der „Störung der Totenruhe“ zu „lebenslänglich“ verurteilt. Die Chat-Protokolle und die Videodokumentationen belegen, dass „Cator“ (diesen Namen gab er sich in den Internetforen selbst) gegessen, möglichst bei „lebendigem Leibe verzehrt“ werden wollte. „Cator“ wollte sterben.

Therapie

Seit 2009 arbeite ich mit Armin Meiwes an der Aufarbeitung traumatischer Ereignisse und an der Bewältigung kannibalistischer Phantasien. Seit ungefähr 8 Jahren drängt Herr Meiwes auf kontinuierliche therapeutische Unterstützung von institutioneller Seite, dieses wurde ihm bislang aus nicht nachvollziehbaren Gründen verweigert. Armin Meiwes selbst verfasste in den letzten Jahren Kurzgeschichten, um sich von seinen kannibalistisch orientierten Phantasien zu distanzieren. Seine Geschichten sind nicht gewalttätig oder blutrünstig, sie spiegeln seine Sehnsucht nach immerwährender Nähe und Bindung durch den Verzehr eines Menschen.

Teile unserer Arbeit, sowie einige der Kurzgeschichten von Armin Meiwes erscheinen im Frühjahr 2011, im V. F. Sammler Verlag (Hardcover).

Geleitwort: Kriminalkommissars Christian Pundt, Vorwort: Mark Benecke, Kurzgeschichten: Armin Meiwes und einem Beitrag von Michael Horn.